Pilze: Kalorienarm, voller Umami und reich an Nährstoffen… und noch etwas

 

Pilze sind eine interessante Gruppe von Lebensmitteln, die aus ernährungsphysiologischer Sicht zwischen Pflanzen und Tieren angesiedelt sind. Sie haben einen hohen Nährwert, der in den letzten Jahren aufgrund ihres geringen Energiegehalts, ihres Gehalts an Spurenelementen und bioaktiven Substanzen zunehmend Beachtung findet. Als „funktionelle Lebensmittel“ gelten sie nicht nur als schmackhafte Zutat, sondern auch als gesundheitsfördernder Bestandteil der Ernährung.

Makronährstoffe und Ballaststoffe

Pilze bestehen zu etwa 85–95 % aus Wasser und haben einen geringen Energiegehalt (20–35 kcal/100 g Frischgewicht), abhängig von Sorte und Anbauweise [1,2]. Der Fettgehalt ist niedrig (unter 1 g/100 g), wobei ungesättigte Fettsäuren wie Linolsäure überwiegen [3]. Kohlenhydrate liegen primär in Form von Polysacchariden wie Glykogen und Chitin vor. Chitin wirkt als Ballaststoff, fördert die Sättigung und hat präbiotisches Potenzial [4]. Der Proteingehalt liegt bei 2–4 g/100 g, mit einem vollständigen Aminosäurenprofil, wenn auch in geringerer Konzentration im Vergleich zu tierischen Produkten [5-7].

Vitamine und Mineralstoffe

Besonders hervorzuheben ist der Gehalt an B-Vitaminen, insbesondere Riboflavin (B2), Niacin (B3) und Pantothensäure (B5), die in Mengen enthalten sind, die mit tierischen Lebensmitteln vergleichbar sind [8]. Ein weiterer ernährungsphysiologischer Vorteil ist das Potenzial zur Vitamin-D-Bildung. Pilze enthalten Ergosterol, das durch UV-Bestrahlung zu Vitamin D₂ umgewandelt werden kann. Studien zeigen, dass UV-exponierte Pilze eine nennenswerte Quelle für Vitamin D darstellen können [9,10].

Mineralstoffseitig liefern Pilze Kalium, Phosphor, Kupfer, Eisen und Selen. Kaliumgehalte von über 300 mg/100 g sind bei vielen Arten üblich, was die positive Wirkung auf den Blutdruck unterstreicht [2]. Selen, ein essentielles Spurenelement mit antioxidativer Wirkung, ist vor allem in bestimmten Wildpilzen (z. B. Steinpilzen) in relevanten Mengen vorhanden [8].

Bioaktive Substanzen und Gesundheitswirkung

Pilze sind reich an bioaktiven Substanzen wie Beta-Glucanen, Phenolen und Triterpenoiden, die antioxidative, immunmodulierende und entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen [1, 11]. Beta-Glucane aus Shiitake- oder Maitake-Pilzen wurden in präklinischen Studien mit einer Verbesserung der Immunfunktion und einer möglichen Tumorhemmung in Verbindung gebracht [12].

Der Geschmack der Tiefe: Pilze, Umami und die Maillard-Reaktion

Warum schmecken gebratene Pilze so herzhaft, fast fleischig? Die Antwort liegt in einem faszinierenden Zusammenspiel aus Natur und Chemie. Der intensive, fast fleischige Geschmack von gebratenen Pilzen entsteht durch ein Zusammenspiel aus natürlichem Umami und der sogenannten Maillard-Reaktion. Pilze enthalten von Natur aus Glutaminsäure – eine Aminosäure, die den Umami-Geschmack auslöst. Beim scharfen Anbraten reagieren diese Aminosäuren mit natürlichen Zuckern in den Pilzen. Dabei entstehen hunderte neue Aromastoffe mit röstigem, würzigem Charakter – ein Prozess, den man Maillard-Reaktion nennt. Das Ergebnis: ein tiefes, komplexes Aroma, das weit über den Eigengeschmack der rohen Pilze hinausgeht. So wird aus einem einfachen Waldgewächs ein kulinarischer Hochgenuss.

Und noch eine interessante Tatsache...

Pilze als ökologische Vermittler: Mykorrhizanetzwerke im Wald

Neben ihrer Rolle als Nahrungsmittel spielen Pilze auch eine zentrale ökologische Rolle als „ökologische Vermittler“ in Mykorrhiza-Symbiosen. Die meisten Landpflanzen (ca. 90 %) leben in einer symbiotischen Beziehung mit Mykorrhizapilzen, die ihre Wurzeln mit einem feinen Geflecht aus Pilzhyphen ummanteln [13].Diese Netzwerke, auch als „Wood Wide Web“ bezeichnet, ermöglichen einen bidirektionalen Austausch von Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor, Wasser und sogar Kohlenstoff [14].

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Pilznetzwerke als Kanäle für Signale und Ressourcen dienen. So wurde beispielsweise gezeigt, dass unter Stress stehende Bäume über Mykorrhizaverbindungen Signale an benachbarte Bäume senden können, um deren Abwehrmechanismen zu aktivieren [15]. Dies geschieht u. a. durch hormonelle Botenstoffe oder flüchtige organische Verbindungen.

Besonders bemerkenswert ist die Rolle sogenannter „Mother Trees“ – große, alte Bäume, die über ausgedehnte Mykorrhizanetzwerke jüngere Setzlinge mit Kohlenstoff und Nährstoffen versorgen können. Simard et al. [16, 17] dokumentierten erstmals, dass diese Verbindungen gezielt aufgebaut werden und eine Art „Waldfamilie“ entsteht, die durch Pilze verbunden ist.

Fazit

Pilze sind nicht nur ernährungsphysiologisch bedeutsam – sie sind auch essenziell für das Funktionieren von Waldökosystemen. Als Nahrungsmittel liefern sie hochwertiges Protein, Vitamine, Mineralstoffe und bioaktive Substanzen mit nachgewiesenen gesundheitsfördernden Wirkungen.

Gleichzeitig zeigen wissenschaftliche Studien, dass Pilze eine zentrale Rolle in unterirdischen Kommunikations- und Nährstoffnetzwerken spielen, die das Überleben und die Resilienz von Wäldern sichern. Die Erforschung dieser ökologischen Netzwerke eröffnet nicht nur neue Perspektiven in der Forstökologie, sondern unterstreicht auch die Vielschichtigkeit des Pilzes als Organismus zwischen Ernährung, Gesundheit und Natur.


Literaturverzeichnis

  1. Valverde, M. E. et al. (2015). Edible mushrooms: improving human health and promoting quality life. International Journal of Microbiology, 2015, Article ID 376387.

  2. Kalač, P. (2013). A review of chemical composition and nutritional value of wild-growing and cultivated mushrooms. Journal of the Science of Food and Agriculture, 93(2), 209–218.

  3. Manzi, P. et al. (1999). Nutritional value of mushrooms widely consumed in Italy. Food Chemistry, 65(3), 477–482.

  4. Cheung, P. C. K. (2010). The nutritional and health benefits of mushrooms. Nutrition Bulletin, 35(4), 292–299.

  5. Mattila, P. et al. (2002). Cholesterol and fatty acids in mushrooms and fungi. Journal of Food Composition and Analysis, 15(3), 305–311.

  6. Francis Ayimbila, F., Keawsompong, S. (2023). Nutritional Quality and Biological Application of Mushroom Protein as a Novel Protein Alternative. Current Nutrition Report, 12(2), 290–307. doi: 10.1007/s13668-023-00468-x.

  7. Souza Filho, P.F. (2022). Fungal protein, Chapter Five. Advances in Food and Nutrition Research, 101,153-179.

  8. Mattila, P. et al. (2001). Contents of vitamins, mineral elements, and some phenolic compounds in cultivated mushrooms. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 49(5), 2343–2348.

  9. Simon, R. R. et al. (2011). Vitamin D mushrooms: comparison of the composition of button mushrooms (Agaricus bisporus) exposed to sunlight vs. commercial UV-B light. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 59(14), 8724–8732.

  10. Cardwell, G. et al. (2018). A review of mushrooms as a potential source of dietary vitamin D. Nutrients, 10(10), 1498. https://doi.org/10.3390/nu10101498.

  11. Wasser, S. P. (2011). Current findings, future trends, and unsolved problems in studies of medicinal mushrooms. Applied Microbiology and Biotechnology, 89(5), 1323–1332.

  12. Chen, J., Seviour, R. (2007). Medicinal importance of fungal β-(1→3), (1→6)-glucans. Mycological Research, 111(6), 635–652.  https://doi.org/10.1016/j.mycres.2007.02.011

  13. Smith, S. E., & Read, D. J. (2008). Mycorrhizal Symbiosis. 3rd ed., Academic Press.

  14. van der Heijden, M. G. A. et al. (2015). Mycorrhizal ecology and evolution: the past, the present, and the future. New Phytologist, 205(4), 1406–1423.

  15. Song, Y. Y. et al. (2010). Interplant communication of tomato plants through underground common mycorrhizal networks. PLoS ONE, 5(10), e13324.

  16. Simard, S. W. (2015). Mycorrhizal networks facilitate tree communication, learning, and memory. Nature, TEDx Talk and summary, academic expansion.

  17. Smith, S. E., & Read, D. J. (2008). Mycorrhizal Symbiosis. 3rd ed., Academic Press.

 
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